Serapias Hybriden

Die Zucht von interspezifischen und intergenerischen Serapias-Hybriden


Die Gattung Serapias L. zählt ca. 20 Arten, und ist im mediterranen Raum von den Azoren über die Kanarischen Inseln, östwärts bis in den Kaukasus verbreitet. Die bevorzugten Standorte sind Macchien, aufgelassene Oliven- und Weinhainen, lichte Kiefer- und Pinienwälder, Gebüschränder, aber auch feuchte Wiesen, auf kalkhaltigen bis leicht sauren Böden. Die Pflanzen können 15-50(60)cm hoch werden, tragen 3-15 Blüten. Bestäubungsbiologisch handelt es sich dabei um Schlafstättenblüten, d.h. die Blütenblätter formen eine Röhre, in der eine mildere Temperatur herrscht. Insekten suchen bei Kälte, Nässe, bei Nacht oder anderen widrigen Verhältnissen, Schutz in der Blüte, und vollziehen dabei die Bestäubung.

Systematische Stellung

Familie: Orchidaceae
Sub-Familie: Orchidoideae
Tribus: Orchidaea
Subtribus: Orchidinae

Die Arten:

1. Serapias aphroditae DELFORGE       
2. Serapias apulica (H. BAUMANN & KÜNKELE) DELFORGE
3. Serapias azorica SCHLECHTER
4. Serapias bergonii E.G. CAMUS
5. Serapias carica (H. BAUMANN & KÜNKELE) DELFORGE
6. Serapias cordigera L.
7. Serapias feldwegiana H. BAUMANN & KÜNKELE
8. Serapias ionica E. NELSON ex H. BAUMANN & KÜNKELE
9. Serapias istriaca PERKO
10. Serapias levantina H. BAUMANN & KÜNKELE
11. Serapias lingua L.
12. Serapias neglecta DE NOTARIS
13. Serapias nurrica CORRIAS
14. Serapias olbia VERGUIN
15. Serapias orientalis (GREUTER) H. BAUMANN & KÜNKELE
16. Serapias parviflora PARLATORE
17. Serapias perez-chiscanoi C. ACEDO
18. Serapias politisii RENZ
19. Serapias stenopetala MAIRE & STEPHENSON
20. Serapias strictiflora WELWITSCH ex VEIGA
21. Serapias vomeracea (N.L. BURGMAN)

Kultur und Zucht

Bei der Gattung Serapias L. handelt es sich um wintergrüne Knollengeophyten, mit ausgeprägter Sommerruhe. Die Kultur ist denkbar einfach, wenn durchlässige Substrate ( Gemisch aus Sand, Perlit, Seramis, Lava, Bims, Lehm, gebrochener Blähton etc. ) mit geringem Humusanteil und guter Drainage verwendet werden. In Mitteleuropa sollte die Kultur frostfrei unter Glas erfolgen, eine Zusatzbeleuchtung während der Licht-armen Jahreszeit fördert das Wachstum. Bei ausreichender Ernährung bilden die Pflanzen neben der neuen Knolle noch 1-3 kleinere Tochterknollen an langen Stollen aus. Neben der generativen Vermehrung stellt die vegetative Vermehrung bezüglich der Erhaltung eine große Bedeutung. 

Aus Samen läßt sich die Gattung einfach in vitro anziehen. Nach vorsichtiger Desinfektion der Samen keimen diese in großer Zahl auf allen gängigen Nährbodenarten. Nach dem Umlegen auf neue, Nährstoff-reichere Böden bilden sich alsbald schöne Sämlinge mit erster Knolle. Der geeignete Zeitpunkt zum Überführen in erdiges Substrat ist der Neuaustrieb der gebildeten Knolle während der kalten Jahreszeit. Mitunter sind schon Erstblüher in der ersten Vegetationsperiode im Topf vorgekommen. Spätestens aber in der dritten Vegetationsperiode blühen die Sämlinge. 

Diesen Umständen verdankt die Gattung die Fokusierung für die Zucht. Für die Bestäubung ist es von Vorteil einige Blütenblätter ( insbesondere das Labellum) zu entfernen, und die Pollenübertragung mit einem Zahstocher durchzuführen. Nach spätestens 10 Wochen  sind die Samen reif  und können ausgesaet werden.

Bisher wurde bei der Zucht die Gattung Serapias ausnahmslos als Pollenempfänger verwendet. Die gewünschten Eigenschaften : einfache und gute Anzuchtsmöglichkeit ( Keimung und invitro-Phase) , ausgezeichnete Kultivierbarkeit, vegetative Vermehrung über Stolonen, vererben sich auf die erzielten Hybrid-Pflanzen. Leider wird auch die Blüten-Morphologie sehr dominant vom Pollenempfänger vererbt, sodaß in vielen Fällen der Pollenspender kaum ersichtlich ist. Aus erklärlichen Gründen wäre es für die weitere Zuchtarbeit von grossem Interesse, Versuche mit Serapias als Pollenspender durchzuführen!

Interspezifische Hybriden der Gattung Serapias L.

Die Kreuzung aller Serapias-Arten ( alle Arten mit 2n=36[72] ) ist möglich, wobei fertile Hybriden entstehen, die mehr oder weniger in ihrer Blütenfärbung streuen. Die Hybrid-Pflanzen sind auch weiter mit Serapias zu Tripel-Hybriden kreuzbar.

Intergenerische Hybriden der Gattung Serapias L.

Die  Serapias L. am nähest stehende Gattung ist Anacamptis L.C.M. Richard, mit allen Arten können Hybriden gebildet werden. Mit Arten aus dem coriophora- , morio-palustris– und papilionacea-Formenkreis sind hinlänglich Kombination bekannt. Bisher konnte noch keine Kombination mit der Gattung Orchis L. (militaris-, mascula– Formenkreis), oder auch mit den Gattungen Dactylorhiza Necker ex Nevski und Himantoglossum K. Koch gezogen werden. Genetische Inkompatibilität dürfte als Ursache vorliegen.

Es ist bereits möglich, Pflanzen zu vergleichen, bei der Pollen empfänger bzw. -spender zu Versuchszwecken getauscht wurden ( vgl. Serapias lingua x Anacamptischampagneuxii ). 
Auch bei Verwendung als Pollenspender, zeigt sich Serapias dominant in der Vererbung. Bei solchen Hybridpflanzen ist jedoch ein Spornrest zu erkennen, welcher mit Serapiasals Pollenempfänger nicht erkennbar ist. Auch bei einer Wiedereinkreuzung einer Anacamptis-Art in xSerapticamptis wird ein kurzer Sporn wieder erkenntlich:

Interspezifische Serapias-Hybriden sind fertil, sind daher auch weiter kreuzbar, z.B. mit Anacamptis-Arten.

Den Brüdern Poweleit aus Neumünster gelang es mittlerweilen, den Hybriden Serapias lingua x Anacamptis pyramidalis mit dem Pollenspender nochmals rückzukreuzen ! Der erneute Einfluß von Anacamptis pyramidalis zeigt sich in der Blütenmorphologie trotzdem nicht wie erhofft.

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Überraschenderweise wurde bereits eine Kombination mit Ophrys L.Op. speculum ) bis zur Blüte gezogen ! Dabei ist die Dominanz des Pollenempfängers Serapias deutlich im Ergebnis erkennbar. Die Überprüfung der Sterilität/Fertilität steht noch aus. Die Kultur ist gleichfalls sehr einfach.

Auch mit Comperia K.Koch, einer monothypischen Gattung mit einzigartigen Blüten , wurde ein künstlicher Hybrid gezogen. Bei den Blüten zeigt sich die Lippe mit größerer Breite, die weiter aus dem Helm heraus ragt. Ansonsten sind keine wesentlichen Unterschiede zu anderen xSerapicampten feststellbar.

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Eine weitere Kombination mit Barlia robertiana wurde bereits zur Blüte gebracht!

Aussicht

Bisher konnten viele intergenerische Hybriden unter der Beteiligung der Gattungen Serapias und Anacamptis gezüchtet werden. Neben der Anzucht von sehr dekorativ blühenden Pflanzen für den Liebhaber, könnten die Ergebnisse wesentliche, wissenschaftliche Bedeutung besitzen: Die Möglichkeiten von Kreuzungsmöglichkeiten werden bewiesen. Auch können die erzielten Blüten Hilfestellung bei der Determination von am Standort gefundenen Naturhybriden geben.

Einige Kreuzungs-Kombinationen wurden ohnehin bisher für nicht möglich gehalten !

Es bleibt aber noch genügend Raum für weitere Arbeit. Viele Kombinationen können noch geprüft werden.Von großem Interesse ist auch die weitere Zucht mit xSerapticamptis.

Literatur

BAUMANN, H. & KÜNKELE, S., 1989. Die Gattung Serapias L.- eine taxonomische Übersicht. Mitt. Bl. Arbeitsk. Heim. Orchideen, Baden Württen. 21: 701-946
KRETZSCHMAR, H. et al., 2007. Die Orchideengattungen Anacamptis, Orchis und Neotinea. Echino Media Verlag
NELSON, E., 1968. Monographie und Ikonographie der Orchidaceen-Gattungen Serapias, Aceras, Loroglossum, Barlia. Chernex, Monteux

am 06.12.2009