Cymbidium

Cymbidium goeringii (Rchb. f. ) Rchb. f. , eine terrestrische Orchidee aus Ostasien

von Gerhard Raschun jun.


Cymbidium lianpan

Allgemein

Die Gattung Cymbidium wurde 1799 von Olaf Swartz gegründet und beinhaltet 52 immergrüne Arten. Der Name wurde aus dem griechischem Wort „kumbos“ abgeleitet, welches  für „ Loch / Hohlraum „ steht, und sich auf  die Form des Lippengrundes bezieht. Die Gattung ist im tropischen und subtropischen Asien ( nördliches Indien, China, Japan, Malaysien , Phillipinen, Borneo ) bis ins nördliche Australien verbreitet.

Groß- und vielblütige Hybriden der Gattung waren in den 80er und 90er Jahren in Europa und den USA in Mode, verschwanden aber zunehmend vom Markt. Der hohe Platzbedarf dürfte neben einer allgemeinen Trendwende dafür verantwortlich gewesen sein. Durch ihr anmutiges Laub, den süßen von ihren Blüten verströmenden Duft, und die zeitige Blütezeit im Frühjahr,  schaffte eine Art innerhalb der Gattung seit mehr als 1000 Jahre die Orchideenliebhaber zu begeistern: Cymbidium goeringii ! In Japan wird diese Art „ Shunran“ , die noble Orchidee genannt, in China und Korea wurde sie aufgrund der jahreszeitlich frühen Blüte „Chun Lan“ , die Frühlings-Orchidee benannt .  Bereits in der Muromachi-Periode ( 1333-1568) und der Edo-Periode ( 1603-1867) waren diese Topf-Pflanzen in Japan sehr beliebt . Obwohl in Taiwan sehr interessante Variationen vorkommen, sind dort Cymbidium ensifolium und Cymb. sinense , wegen der  feuchteren Sommer, in Kultur stärker vertreten.

Das Vorkommen erstreckt sich von Nordwest-Indien, Bhutan, Korea , China, Taiwan, den Ryukyu Inseln bis nach Japan. In Sikkim wurde Cymbidium goeringiiaufgrund der großen Beliebtheit zur Nationalblume des Landes gewählt. Den nördlichsten Verbreitungspunkt erreicht die Art an der Südspitze von Hokkaido, den Okushiri-Inseln. An diesem Standort fallen die Temperaturen zwischen Herbst und Frühjahr durchaus auch unter den Gefrierpunkt.

Cymbidium goeringii
Beschreibung

Die Pflanze besitzt eine rundliche Pseudobulbe, welche 4 bis 6 grasartige Blätter mit 10-25cm ( 40cm) Länge und 0,5-1cm Breite trägt. Bereits im Spätherbst erscheinen ,  parallel zu den Neutrieben, die Blütentriebe, die niemals die Höhe der Laubblätter erreichen, und sich im März bis April auf 12 bis 25cm strecken. An ihrem Ende sitzt typischerweise jeweils eine Einzelblüte mit 4 bis 5cm Durchmesser. Zumeist sind Sepalen und Petalen hell smaragdgrün gefärbt, zeigen manchmal eine rötliche Nervung oder auch Punktierung. Die Petalen neigen sich berührend nach vorne, und bilden somit einen Helm über der Säule. Auch das dorsale Sepalum neigt sich nach vorne. Die Lippe ist weiß mit zumeist roter Punktierung, an ihrer Basis kann sie in gelb übergehen. Der Fruchtknoten ist pink bis purpur gefärbt und von einem weißlich bis pinkfarbenem Hochblatt umschlossen.  Die Blütezeit kann sich über zwei bis drei Wochen hinziehen. Besucht und bestäubt werden die Blüten von Schmetterlingen. Nach der erfolgten Bestäubung wächst der Fruchtknoten in eine aufrechte Position. Bis zur Samenreife und dem Aufplatzen der recht großen Samenkapsel können 12 bis 14 Monate vergehen. Besonders kräftige, mehrjährige Pflanzen können zu stattlichen Horsten heranwachsen, welche 15 und mehr Blütenstände zeigen. Mit den fleischigen Wurzeln sitzt die Pflanze fest im steinigen Untergrund.

In Japan werden nur einblütige Pflanzen gefunden, welche als Cymb. goeringii var. goeringii eingeordnet werden. Pflanzen in China und Taiwan, welche 2 bis 4 Blüten an einem Blütenstand tragen, werden zu Cymb. goeringii var. tortisepalum zugeordnet, bzw. 2 bis 5 blütige zu Cymb. goeringii var. longibracteatum. Kulturpflanzen dieser mehrblütigen Variationen werden Cymbidium lianpan genannt. 

Die Art Cymbidium goeringii ist genetisch nicht sehr stabil, unzählige Variationen wurden bisher ausgelesen.  Neben Auslesen verschiedenen Blütenfärbungen werden auch Exemplare mit besonders abweichendem Blatt selektiert. Pflanzen mit besonders kurzen und schmalen Blättern , die einen sehr kompakten Gesamteindruck verleihen , sind nicht nur sehr beliebt, sie helfen auch wertvollen Platz in einer Liebhabersammlung zu sparen. Selten werden auch Pflanzen mit panaschierten Laub ( gelbe und weiße Panaschierungen )  gefunden. Vorsicht ist dabei geboten, werden doch viele Blattpanaschierungen durch Viren hervorgerufen. Das Spektrum an Blütenfärbungen reicht von verschiedenen Grün-Schattierungen, Reinweiß, Cremefärbig, Rosa, bis zu verschiedenste Gelb- und Rot-Töne. Die begehrtesten Blüten-Auslesen sind leuchtende Orange / Gelb -Töne und dunkelrote / schockoladebraune Färbungen. Die einzelnen Blütenblätter können auch  verschiedenfarbige Punktierungen oder Aderungen aufweisen. Die Form und Gestalt der Sepalen / Petalen , sowie des Labellums kann auch variieren. Wie bei allen Blütenpflanzen, sind auch bei Orchideen, insbesondere bei der Gattung Cymbidium, gefüllte Blüten zu finden. Erwähnt sollte in diesem Zusammenhang werden, dass es sich bei diesen Mutanten nicht um wirklich gefüllte Blüten , bei denen fehlende Geschlechtsorgane durch zahlreiche Blütenblätter ersetzt wurden, handelt. Richtigerweise müsste man von doppelten bzw. dreifachen Blüten sprechen, den bei diesen Cymbidium–Blüten sind die Blütenblätter und / oder die Säule lediglich zwei – bis dreifach ausgebildet und nicht ersetzt. Viele dieser Klone sind fertil und können für die Zucht, die auf die Vererbung dieser Blütenmerkmale zielt, weiterverwendet werden. Klone mit pelorischen Blüten sind ein weiterer Sammelschwerpunkt.

Standort

Die Pflanzen besitzen eine große Standort-Amplitude , von Meereshöhe aufsteigend bis auf 1000m ü. NN . Typische Standorte sind nicht zu trockene, abfallende oder steile, immergrüne Wälder. Auch Dünen oder Pinienwälder werden besiedelt. Die Wuchsart kann als terrestrisch bzw.  lithophytisch bezeichnet werden: Die Pflanzen sitzen auf der dünnen Humusschicht, die auf dem felsigen Untergrund liegt, und können durch den ständig herrschenden Laubfall mehr oder weniger bedeckt werden. Die fleischigen Wurzeln dringen tief in den gut drainierten Untergrund. An den Standorten herrschen tiefe Wintertemperaturen, zwischen -8°C und +10°C.  Während des Sommers steigen die Temperaturen von Mai bis Oktober bis auf 25°C an. Niederschläge versorgen die Pflanze während der Hauptwachstums-zeit im Frühjahr bis in den Sommer mit Wasser. Eine gute Nährstoffversorgung ist durch die verrottende Laubschicht gewährleistet.

Cymbidium goeringii
Kultur

Um dem kräftigen Wurzelwachstum Rechnung zu tragen, werden besonders tiefe Pflanzgefäße verwendet. In China, Japan und Taiwan, wo diese Pflanzen geschätzt und in großer Zahl in Kultur stehen , werden kunstvoll verzierte Keramikgefäße verwendet, die etwa 3 bis viermal so hoch sind, als der Durchmesser beträgt. Dies gewährleistet für die empfindlichen Wurzeln einen gleichmäßigen Feuchtigkeitsgehalt im Substrat und eine kühle Umgebung. Um Staunässe zu verhindern, sollte auf eine Drainage nicht verzichtet werden. Die Pflanzen sind in einer Vielzahl von Substraten kultivierbar. Vom Autor wird mit Erfolg eine Mischung aus Perlit mit handelsüblicher, hochwertiger Blumenerde ( Verhältnis 2,5 : 1 ) eingesetzt. B. Klein vom BG München kultiviert seine umfangreiche Sammlung in einer Mischung aus feiner, aufgekalkter Kiefernrinde ( wegen möglicher Stickstofffixierung ! ) , Buchenlaub und Sand. Auch andere Mischungen sind gut verträglich, und sollten vom Kultivateur so gewählt werden, dass er diese ohne aufwandreiche Umstellung oder Änderung auf seine persönliche Erfahrung abstimmen sollte: Hat der Liebhaber bereits Erfahrung bezüglich dem Gieß- / Düngeintervall  bei Erdorchideen, sollte er das Substrat auch bei Cymbidien beibehalten, um den Kulturaufwand gering zu halten. Eine weit aus größere Bedeutung kommt der Temperaturführung zu. So ist eine kühle Temperatur zwischen 5°C und maximal 12°C während der Wintermonate für eine erfolgreiche Kultur unumgänglich ! Obwohl die Neu- und Blütentriebe bereits im Spätherbst erscheinen, darf die Temperatur erst mit Einsetzen des Wachstums im Februar / März steigen. Dies ist auch der Zeitpunkt um die Wassergaben zu erhöhen und durch ausgewogene Düngung für eine gute Nährstoffversorgung zu sorgen. Die Pflanzen sind im Sommer sehr Hitze-verträglich, und es empfiehlt sich ein Aufenthalt im halbschattigen Garten. Dies ist der Zeitpunkt die Pflanze trockener zu halten. Diese symbolisierte Trockenzeit ist blüteninduzierend. Zeigen sich Cymbidien in Kultur blühfaul, liegt es zumeist an der fehlenden Ruhezeit ! Die Pflanzen können bis zu den ersten Nachtfrösten im Garten verbleiben. Bezüglich der Winterhärte der Pflanze sei erwähnt, dass es von der Standort-Herkunft des Klons abhängig ist, welche Temperaturgefälle sie standhält. Versuche zeigten, dass einige Klone durchaus einige Winter in Zone 6 mit Nässeschutz im Garten kultivierbar waren. Als winterhart sollte die Art jedoch nicht bezeichnet werden. Die doch gehobenen Anschaffungskosten der begehrten Klone lassen Freilandversuche nicht sinnvoll erscheinen.

Zucht und Vermehrung

Bei den zahlreichen Klonen von Cymbidium goeringii handelt es sich in erster Linie um Selektionen, welche an natürlichen Standorten durch mühsame Suche über viele Jahrhunderte gesammelt wurden. Die heute gut beherrschbare generative Vermehrung über die asymbiotische Aussaat ( invitro-Kulturen) spielt eine vernachlässigbare Rolle. Die wenigen künstlichen Hybriden unter Beteiligung von Cymb. goeringii haben keine Bedeutung gefunden, und konnten die historischen, selektierten  Aufsammlungen den Rang nicht ablaufen. Eine Meristemvermehrung wäre heute beherrschbar. Da durch die Massenvermehrung der exquisiten Klone deren Preise purzeln würden, hat im Grunde kein Züchter Interesse daran, die Märkte mit Hilfe dieser Vermehrungsmethode zu überschwemmen.

Die Pflanzen werden auch heute noch durch Teilung vermehrt. Grosse Horste , bei denen alle 3 bis 4 Jahre der Pflanzstoff getauscht werden sollte, werden geteilt. Es ist darauf zu achten, dass die Teilstücke nicht zu klein gewählt werden, da es eine lange Zeitspanne benötigt, diese wieder in gutes Wachstum zu bekommen. Mindestens 3, besser 5 Pseudobulben sollte jedes Teilstück besitzen. Da Cymbidium goeringii eine sehr langsam wachsende Pflanze ist, die sich nur spärlich bestockt, ist die vegetative Vermehrung sehr zeitaufwendig und mühsam. Entsprechend liegt die Anschaffung für ausgesuchte Klone im sehr hohen Preissegment. Abgerechnet wird pro Bulbe, und für besonders seltene und begehrte Klone ( z.B. Klone mit beinah schwarzen Blüten etc.) können diese Preise die $ 1000 –Marke überspringen.

Krankheiten und Schädlinge

Neben allen bekannten Krankheiten und Schädlingen, die in Orchideensammlungen auftreten können, sei besonders auf die bei der Gattung verbreiteten Mosaik-Viren ( Tabakmosaik-Virus, Cymbidium Mosaik Potexvirus ) hingewiesen. Es empfiehlt sich eine ausgeprägte Quarantäne bei Neuerwerbungen. Auch eine sorgfältige Prüfung auf saugende Insekten  und Hygiene beim Umtopfen / Teilen der Pflanze sollte Standart sein. Die jungen Blühtriebe sind ein Leckerbissen für Nacktschnecken. Die Mühe eines ganzen Jahres kann in einer Nacht zu Nichte gemacht werden.

Cymbidium goeringii gelb 4
Bedeutung

Im ostasiatischen Raum besitzen die Pflanzen eine Bedeutung, welche in Mitteleuropa etwa mit der von  Cyclamen, Usambaraveilchen etc. vergleichbar ist. Sehr geschätzt werden Mitbringsel bei Besuchen. Gerne werden diese in der Wohnung, am Fensterbrett, der Anrichte oder am Esstisch stilvoll präsentiert . Eine ähnliche Variabilität besitzen auch die nächst verwandten Arten Cymbidium ensifoliumCymb. sinensisCymb. kanran. Deren Klone sind ebenfalls gesuchte Sammelobjekte. In den letzten Jahren war im östlichen Raum besonders eine Zunahme der Beliebtheit bei Selektionen von Neofinetia falcatazu beobachten.

Ausblick

Cymbidium goeringii ist in Europa leider noch sehr selten in Sammlungen anzutreffen. Bei Berücksichtigung weniger Faktoren ( besonders der Temperaturführung während der Wintermonate ) ist es eine einfach kultivierbare Art, die mit großen, angenehm duftenden Blüten, und relativ langer Blütezeit den Liebhaber geradezu begeistern kann. Die Gründe, welche dafür verantwortlich sind, dass die Art nur selten in unseren Breiten kultiviert wird, sind mannigfaltig : Der Zenit des Cymbidien-Trends ist längst überschritten, auch die hohen Anschaffungskosten können abschrecken. CITES-pflichtige Importe sind sehr aufwendig und mit hohen Nebenkosten behaftet. In den letzten Jahren bildeten sich in Amerika Orchideen-Liebhabergruppen, die speziell auf Cymbidien zielen. Besonders in Kalifornien werden jedes Jahr Ausstellungen mit dem Schwerpunkt auf diese Gattung mit großem Aufwand und Erfolg veranstaltet. Ein Überschwappen auf Europa, das einer Renaissance gleichkommen würde, wäre längst überfällig und erwünschenswert!