Disa

Die Gattung DISA P.J. Bergius


Anhand einem herbarisierten Exemplar von Disa uniflora gründete der schwedische Arzt und Botaniker Peter Jonas Bergius im Jahre 1767 die Gattung Disa. Damit ehrte er die Königin Disa aus der schwedischen Mythologie. Andere Erklärungen für die Benennung führen auf das lateinische Wort dis , übersetzt reich oder opulent, hin. Die erste Erwähnung lässt sich aber bereits auf den englischen Priester John Ray zurückführen, welcher 1704 die Art Disa uniflora in seinem Werk Historia plantarum generalis als Orchis africana flore singulari herbaceo beschrieb.

Die Gattung beinhaltet heute knapp 170 Arten ( Linder & Kurzweil 1999 ) , verbreitet im tropischen Afrika, Madagaskar, entlang der Küste am indischen Ozean bis nach Südafrika. Die Hauptverbreitung und der Entwicklungsschwerpunkt liegt in der Kapregion, wo mehr als 130 Arten zu finden sind.

Die mehrheitliche Anzahl der Arten ist laubabwerfend, und überdauert längere, trockene Ruhezeiten geschützt als Knolle im Erdboden. Nur wenige Arten sind immergrün, die an dauerfeuchte Standorte gebunden sind. Besonders diese Gruppe der botanischen Untergattung Disa, Sektion Disa , sind für die Kultur sehr geeignet. Weiters unterscheidet man Sommer-grüne bzw. Winter-grüne Arten, je nach jahreszeitlichem Wachstumsschwerpunkt.

Blüten

Geschätzt und bekannt wurde die Gattung besonders durch ihre beeindruckenden Blüten,  welche nahezu das gesamte Farbspektrum abdecken:  Sie können weiß, gelb oder pink gefärbt sein , vorrangig dominieren aber alle Orange- und Rottönen . Auch violette, blaue und dunkelbraune Blüten sind zu finden. Während das Labellum ( Lippe ) zumeist sehr verkümmert erscheint, sind das mittlere und die seitlichen Sepalen zu einem stattlichen und gut ausgefärbten Schauapparat ausgebildet. Nur die Sektion  Herschelianthe beinhalten Arten mit besonders phantasievoll ausgebildeter Lippe. Die Hauptblütezeit liegt in Gebieten mit Sommerregen im Sommer, in Gebieten mit Winterregen streckt sie sich vom Frühjahr bis in den Herbst hinein.

Es überrascht, dass selbst an Standorten mit mehreren Arten und überschneidender Blütezeit , kaum interspezifische Hybriden zu finden sind.  Die Blüten der Gattung sind jedoch sehr spezifisch an einen Bestäuber angepasst, sodass kaum Blüten zweier Arten für einen Bestäuber attraktiv erscheinen. Für den Pollen-Transfer kommen Schmetterlinge, Schwärmer, Bienen, Fliegen, aber auch Nacht-aktive Motten in Frage.

Habitate

Bevorzugte Standorte sind zum Beispiel torfige Moore, Flussufer , überspülte Bänke, aber auch saisonal trockenes Grasland. An felsigen Stellen werden die unterirdischen Organe durch Moospolster vor dem Austrocknen geschützt. Allen Standorten gemeinsam ist eine hohe Acidität des Bodens ( nach Messungen bis zu pH 3,5 ), sowie eine Nährstoff-Armut. Wie bei anderen Gattungen z.B. Corycium, Pterygodium, Satyrium, Ceratandra, und anderen Pflanzenfamilien auch, gibt es innerhalb dieser Gattung Arten z.B. die sehr seltene Disa salteri , welche nur nach einem Brand erblühen. Pflanzen findet man im subtropischen Tiefland, in der gemäßigten Zone, aufsteigend bis ins alpine Grasland,  in den Drachenbergen auf 1200m nn . In den alpinen Gebieten können die Temperaturen nachts auch unter dem Gefrierpunkt sinken, welches die Pflanzen kurzzeitig auch überstehen können.

Disa uniflora

Die bekannteste  Art wird nicht unbegründet als „ Stolz der Tafelberge“ bezeichnet. Besonders kräftige Pflanzen können bis zu 12 Blüten an einer bis 90 cm hohen Infloreszenz tragen ! Die Art bevorzugt sehr feuchte Standorte, an Flussufern oder in der Nähe von Wasserfällen, an sonnigen, wie auch schattigen Stellen. Im Verbreitungsschwerpunkt am Südwestkap ist die Pflanze von 100m nn bis auf 1200m nn anzutreffen. Von Jänner bis Februar erscheinen Blüten, die verschiedentlich gefärbt sein können: In den Tafelbergen tragen Pflanzen karminrote Blüten, südlicher dominieren orange Färbungen, in den Zederbergen dominieren rötliche Farbschattierungen. Bisher konnten erst zweimal (Anthocyanin-) Albino-Pflanzen mit hellgelben Blüten gefunden werden, der genaue Fundort blieb stets geheim. Grund für diese Seltenheit ist, dass der Bestäuber von Disa uniflora, der sehr große, farbenfrohe Schmetterling Aeropetes tulbaghia  , lediglich orange oder rot gefärbte Blüten attraktiv findet, und die gelben Blüten der Albinos nicht besucht. Dieser Schmetterling bestäubt aber auch die roten Blüten der Sukkulente Crassula coccinea oder der Lilie Nerine sarniensis, und selbst Wanderer mit roter Kleidung werden angeflogen.  Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Schmetterling die Pollen von D. uniflora nicht mit dem Rüssel überträgt, sondern mit seinen Füssen.

Mit der nächstverwandten Disa racemosa wird der Naturhybrid Disa x veitchii gebildet. Es war auch die erste künstliche Kreuzung, die bereits 1891 in der Sammlung von Veiten in Kew erblühte. Wegen der kräftigen Blütenfärbung und der Sommerblüte gewann die Gattung sehr rasch an Beliebtheit, und die Bestände wuchsen. In den frühen 1920ern gibt es Überlieferungen, die von riesigen Ausstellungshallen mit abertausenden Pflanzen erzählen. Danach gingen die Bestände durch nicht geklärte Umstände, denkbar wäre ein Pilzbefall, verloren. Die Kultur und Zucht wurden auch nicht wieder aufgenommen, bis in die 1950er Jahre, als am Kap Helmut Meyer und K. C. Johnson die Kultur der Pflanzen – durch Anpassung an die Naturstandortbedingungen – gelang, und damit den Grundstein für die weitere Zucht legten.

Zucht

Zwischen 1891 und 1922 wurden nur 11 Hybriden, allesamt mit den drei Arten Disa unifloraD. racemosa und D. tripetaloides gezogen. Die 250 angemeldeten Hybriden der letzten 2 Jahrzehnte beweisen, dass die Gattung Disa  nicht nur in Südafrika an Bedeutung gewinnt. Heute werden auch weitere Arten, z.B. Disa cardinalisD. aurataD. caulescens und D. venosa eingekreuzt. Dadurch erreicht man einen größeren Blütenreichtum , neue Blütenfärbungen ( rein gelbe Ausfärbungen ), die Verschiebung der Blütezeit, oder eine bessere Haltung der Blüten. Die Kultur ist inzwischen gut beherrschbar, und auch die Absatzzahlen als Schnittblume schnellen in die Höhe. Der Zucht kommt zugute, dass von der Aussaat bis zur Blüte nur rund 3 Jahre vergehen, ein für Orchideen sehr kurze Zeitspanne.

Die bedeutendsten Kreuzungen besitzen Disa uniflora – Blut, als Elternart oder durch Rückkreuzung. Dazu gibt es gute Sammlungen, die über blühende Pflanzen in ausgezeichneter Form, Substanz und Textur beinhalten. Nicht nur nach Blütengröße und  Blütenfarbe ( verschiedenste Rottöne , reinem Orange, Orangegelb bis zu reinem Gelb ! – Anthocyanin -Albinismus ) wurde selektiert, auch nach Stengellängen : Pflanzen von Wasserfall-Habitaten, welche sehr kurze Stängel besitzen, wurden gezielt mit Pflanzen von Gebirgsflüssen, mit bis zu 1 Meter hohen Stängeln, gekreuzt.  Damit lässt sich auch die Blütezeit der Hybriden beeinflussen und nutzen, und zum Beispiel sehr spät im Herbst blühende Pflanzen produzieren. Für den Schnitt werden mittlerweile  Blüten-Spannweiten bis 12cm erreicht !

Durch das Einkreuzen von D. racemosa wurden große, gut verteilte und wohl proportionierte Blüten erzielt. Die unerwünschten Eigenschaften von D. racemosa , d.h. die schwierige Kultur bzw. die Feuerabhängigkeit zur Blütenbildung, werden nicht weitervererbt. Dieser Primär-Hybrid ist die Ausgangsform für die moderne Züchtung.

Vererbung der Farben

Drei getrennte Klassen von Pigmenten sind für die Blütenfärbung verantwortlich: Wasserlösliche Anthocyanine in den Vakuolen, fettlösliche Carotinoide und das Chlorophyll in den Chromoplasten / Chloroplasten. In mehrstufigen, durch Gene gesteuerten Schritten, werden alle Pigmente synthetisiert. Anthocyanine produzieren rosa, orange, von rot über violett, bis blaue Färbungen. Die Anwesenheit von gelb zeigt Carotinoide an. Grüne Farben sind auf Chlorophyll zurück zuführen. Die von den Blüten erzeugte Farbe wird von der einen oder anderen der drei Pigmentklassen bestimmt, oder auch in Kombination. Ist keines der Pigmente anwesend, erscheinen die Blüten weiß, da Anteile des Lichtes nicht absorbiert werden, oder es reflektiert / durchgelassen wird.

Heute ist bekannt, dass die Vererbung der Blütenfärbung beidelterlich ist, d.h. es ist unwesentlich, welcher Kreuzungspartner Pollenspender bzw. –empfänger ist. Alle Pigment-Informationen werden in ausreichender Menge während der Reduktionsteilung zu den haploiden Pollen und Samenanlagen übertragen. 

Aussicht

Trotz der einzigartigen Blüten sind Pflanzen in heimischen Sammlungen noch selten anzutreffen. Die Gattung gilt seit je als schwer kultivierbar. Die stark zunehmende Anzahl an jährlich neu registrierten Hybriden zeugt jedoch von der steigenden Bedeutung der Gattung, und nicht nur im Mekka der Disa-Zucht, in Südafrika. Komplexe Hybriden, inzwischen recht einfach kultivierbar,  mit noch größeren Blüten und schreienden Blütenfärbungen werden in den nächsten Jahren den Markt erobern.

zur Kultur: ein Interview mit Reiner Seibold

Erfolgreiche Kultur der Gattung Disa Bergius  leicht gemacht !


Reiner Seibold lebt in Moosburg, Kärnten. In seiner Freizeit widmet er sich der Kultur von seltenen Erdorchideen. Im Sommer 2011 konnte sich der Autor vom grünen Daumen des Orchideenliebhabers selbst überzeugen: Ein einzigartiger, bleibender Eindruck, stand doch sein gesamter Disa-Bestand in Hochblüte ! Alle hier gezeigten Bilder entstanden bei diesem unvergesslichen Besuch. Leider scheuen viele Orchideenliebhaber diese Gattung, gilt sie doch als schwer kultivierbar. Zu Unrecht, wie der Kultivateur im folgenden Interview erklärt : 

In der Sammlung, die in einem eindrucksvollen Zustand ist, sind viele Arten und Hybriden zu bewundern. Welche Pflanzen kultivieren Sie und welche würden Sie Anfängern empfehlen ?

Für den Beginn sind immer Hybriden einfacher in der Kultur, aber auch botanische Arten wie Dias uniflora, cardinalis, aurata und tripetaloides sind nicht schwer zu kultivieren. Man sollte sich aber anfangs auf die  immergrünen Arten beschränken, die an wasserreichen Standorten wachsen. Die knollenbildenden Arten, die je nach Herkunftsregion im Sommer (wie mediterrane Orchideen) oder im Winter (wie unsere einheimischen Arten) einziehen und ruhen, sind etwas schwieriger zu halten.

In welchen Temperaturbereichen ist es möglich Disa-Arten zu kultivieren, ist ein Sommeraufenthalt auch im Garten möglich ?

Generell ist eine kühle Umgebung wichtig (Mittagshitze im Sommer ist aber keine Gefahr). Ein Gartenaufenthalt im Sommer ist sehr günstig, die Temperaturen sollten aber eher kühl sein, was vor allem für den Wurzelbereich, also den Topf gilt. Für niedrige Temperatur sorgt das Wasser, mit dem man in der Wachstumszeit anstaut oder flutet. Der Standort sollte hell sein, aber nicht in voller Sonne. Heiße Mittagssonne halten Disas nicht aus. Das Einsenken von Töpfen in einem Sphagnummoor ist eine gute Möglichkeit.

Wieviel Licht benötigen die Pflanzen, können diese Pflanzen auch am Fensterbrett bei wenig Licht gehalten werden ?

Fensterbrettkultur an einem Ost- oder Westfenster in einem kühlen Raum dürfte gehen, aber im Winter brauchen sie Temperaturen zwischen 0 und 5 Grad, wie mediterrane Pflanzen. Da würde sich ein kalter Wintergarten eher anbieten. 

In welchem Substrat bzw. welchen Gefäßen werden die Pflanzen bevorzugt kultiviert ?

Plastiktöpfe jeder Art sind geeignet, es reichen kleine runde 9er oder 11er Töpfe. Als Substrat eignet sich ein Gemisch aus 50%  Torf und 50 % Perlite oder auch je ein Drittel Torf, Perlite und Quarzsand (2 mm Körnung). Auch lebendes Sphagnum kann zugegeben werden. Die Kultur in reinem Quarzsand erfordert eine Versorgung mit künstlicher Nahrung.

Ein doch recht mineralisches Substrat ohne reichliches Nährstoffangebot, wie sollten die  Pflanzen während der Wachstumsperiode versorgt werden ?

Ab März wird alle ein bis zwei Wochen gedüngt. Ich verwende synthetischen Flüssigdünger in einer Konzentration von ½ ml pro Liter Regenwasser, das ergibt eine Leitfähigkeit von etwa 170 microSiemens (200 microSiemens sollte nicht überschritten werden.) Während der Blüte wird das Düngen eingestellt, im Herbst erfolgt wieder eine Zeit der Düngung, um die Entwicklung der Neutriebe zu fördern.

Wie sind die Wassergaben zum Wachstumsrythmus im Jahresverlauf zu dosieren ?

Im Winter, in der kalten Zeit, wachsen die Pflanzen kaum. Das Substrat darf nicht austrocknen, aber es reicht, einmal pro Woche ein klein wenig „von oben“ zu gießen. Ab März wird mehr gegossen und dann auch angestaut oder geflutet, d.h. man stellt die Töpfe in Wannen und gibt etwa 2 cm hoch Wasser hinein, das die Pflanzen dann in ein paar Tagen „wegtrinken“ oder man flutet täglich kurz an und läßt das Wasser wieder ab (ev. automatisiert mit einer Aqariumpumpe).

Die Gieß-Wasserqualität ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine längerfristige Kultur. Welche Bewässerung bevorzugen Sie und welche Mindestanforderung sollte das Gießwasser besitzen?

Als Gießwasser muss reines Regenwasser verwendet werden, da Disas sehr empfindlich gegen Salze sind. Kalkhaltiges Leitungswasser macht ihnen bald ein Ende. Der pH-Wert liegt idealerweise bei pH 5,5 , eine Ansäuerung mit Essig ist aber nicht notwendig, da das Regenwasser meist leicht sauer ist. Ich bevorzuge im Sommer die Ebbe und Flut Bewässerung mit gelegentlichem Überbrausen, um Salzüberschüsse (vom Dünger) auszuspülen. Düngerlösung gebe ich von oben in den Topf. 

Die Töpfe sind voller Adventivpflanzen. Einige Hybriden und Arten zeigen eine besonders starke vegetative Vermehrung. Wie und wann sollten die Pflanzen umgetopft und geteilt werden ? 

Man sollte einmal pro Jahr umtopfen, am besten im Herbst, wenn der alte Trieb abgestorben und der Neutrieb stark genug ist. Wenn die Adventivpflanzen noch zu klein sind, kann man auch im Frühjahr (Februar) umtopfen. In jedem Fall ist alles alte Substrat und der Rest der alten Pflanze zu entfernen.

Sind Disa-Pflanzen anfällig für Krankheiten oder Schädlinge ?

Eher wenig. Werden die Blätter zu oft nass (beim Gießen von oben) und fehlt Frischluft, können Blattpilze ein Problem werden. Schnecken muss man fernhalten. Im Alpinhaus ist das Wichtigste die Lüftung und Ventilation. 

Die Kultur bedarf eines geringen Aufwandes, der sich für den Einen oder Anderen wegen  einigen wenigen Pflanzen nicht auszahlen würde. Welche Pflanzen könnten unter analogen Verhältnissen mitkultiviert werden ?

 Viele Moororchideen sind da geeignet, wie CalopogonSpiranthes-Arten, Liparis loeseliiPogonia, Habenaria radiata etc, , aber auch zahlreiche Karnivoren!

Herzlichen Dank für dieses informative Interview. Es wäre ein Erfolg, wenn einige Leser des OKs sich ermutigen ließen und diese wunderschönen Pflanzen wieder vermehrt in Sammlungen genommen werden!

Literatur

Crous H. und Duncan G., (2006). Grow Disas. National Biodiversity Institute, Claremont

Linder, H.P. & Kurzweil, H. (1999). Orchids of Southern Africa, A.A. Balkema, Rotterdam

Stewart J. et. al., (1982). Wild Orchids of Southern Africa. Braamfontein,Johannesburg

Wodrich K., (1997). Growing South African Indigenous Orchids. A.A. Balkema, Rotterdam